23.07.2010
 

Zensurvorwurf in Niedersachsen

Ministerin Özkan will Medien auf Kurs bringen

Aygül Özkan (CDU): Sie ist die erste türkischstämmige Ministerin Deutschlands
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ddp

Aygül Özkan (CDU): Sie ist die erste türkischstämmige Ministerin Deutschlands

Niedersachsens Sozialministerin Aygül Özkan will Journalisten auf eine bestimmte Berichterstattung bei Integrationsthemen festlegen. Sie sollen eine Charta unterschreiben und sich verpflichten, eine "kultursensible Sprache" zu verwenden. Opposition und Medienvertreter laufen Sturm.

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Hannover - Diese Nachricht führte zu Aufruhr in Niedersachsens Redaktionen: Journalisten sollen laut Plänen des Sozialministeriums im August eine "Mediencharta für Niedersachsen" unterschreiben. Darin will Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) die Medien des Landes auf einen gemeinsamen Kurs in der Berichterstattung über Integration festlegen.

Unterzeichner dieser Mediencharta sollen sich demnach verpflichten, über Sachverhalte und Herausforderungen der Integration zu berichten, "den Integrationsprozess in Niedersachsen nachhaltig zu unterstützen" und "Projekte hierfür zu initiieren und zu begleiten". Dabei solle eine "kultursensible Sprache" angewendet werden.

Die niedersächsische SPD kritisiert Özkans Pläne scharf: "Ich bin absolut fassungslos, dass sich eine Ministerin erdreisten kann, so etwas vorzuschlagen", sagte die medien- und kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Daniela Behrens. "Kein Medienvertreter wird das unterschreiben wollen. Das ist Zensur." Sicherlich sei es wünschenswert, das Thema Integration mehr in den Mittelpunkt zu rücken. "Aber dann muss man das durch politisches Handeln erreichen. Medien können nur über das berichten, was auch passiert", sagte Behrens.

Auch Medienvertreter und Journalistenverbände sind sauer: "Unverblümter hat seit langem kein Politiker mehr versucht, Zeitungen und elektronische Medien auf Kurs zu bringen", betonte der Chefredakteur der "Nordwest Zeitung", Rolf Seelheim, in einem Kommentar. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) in Niedersachsen hält die Mediencharta für "absolut überflüssig". Die Inhalte seien bereits durch den Pressekodex Bestandteil der täglichen Arbeit von Journalisten. "Journalisten sind sich auch ohne Hinweis der Ministerin der Bedeutung des Themas Integration bewusst", sagte der Vorstand des DJV Niedersachsen, Michael Bohl.

Das Sozialministerium versucht nun, die empörten Medien zu beruhigen. Der bisherige Text sei nur ein Entwurf gewesen, sagte Özkan. "Die Charta war und ist als eine erste mögliche Diskussionsgrundlage gedacht." Eine dazugehörige Mail an Journalisten habe aber nicht deutlich gemacht, dass es sich um einen Entwurf handeln sollte. "Insofern verstehe ich die Irritation und möchte klarstellen: Nichts liegt mir ferner, als die Unabhängigkeit der Medien in irgendeiner Form zu berühren", sagte Özkan.

lgr/dpa/ddp

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insgesamt 556 Beiträge zum Forum...
Die neuesten Beiträge:
29.07.2010 von Luscinia007: Re

Ich kenne sie auch nicht. Aber es soll auch Menschen geben, die sich als Deutsche türkischer Herkunft sehen. Ich kann nur vermuten, das Özkan sich so sieht. „Das beste aus beiden Welten.“ Und in jeder weiteren Generation wird [...] mehr...

29.07.2010 von Luscinia007: Re

Wer weiß, vielleicht wirkt es auf einen bereits straffällig gewordenen Migranten, es soll schon mancher vom Saulus zum Paulus geworden sein. Aber wahrscheinlicher ist es, dass es auf diejenigen Migranten wirkt, die zwar nicht [...] mehr...

28.07.2010 von Luscinia007: Re

Etwas besseres als ein Link auf einen Beitrag des Neonazis Frank Bügel fällt Ihnen nicht ein. Sie trauen sich wohl nicht, diese Argument hier im Forum zu wiederholen. mehr...

28.07.2010 von saladdin: Wie haben nicht gerufen

Wir habe nicht gerufen, diese Zuwanderer wurden uns aufgedrückt. http://de.nntp2http.com/soc/politik/texte/2009/09/cc43dacd7be8faabd147656197ff9d7c.html mehr...

28.07.2010 von Der Horizont: Danke

Danke, diese Zitate sind (leider) erschreckend. Der Horizont mehr...

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Zur Person

AP
Aygül Özkan wurde 1971 in Hamburg geboren. Ihre Eltern waren in den sechziger Jahren aus der Türkei in den deutschen Norden gezogen. Nach dem Jura-Studium (Schwerpunkt Europa- und Wirtschaftsrecht) wurde sie Anwältin. 2004 trat Özkan in die CDU ein. Vier Jahre später wurde sie Vizechefin der Hamburger Union, zog wenige Wochen darauf über die Landesliste in die Bürgerschaft ein. Als erste türkischstämmige Ministerin überhaupt in Deutschland übernahm sie im Kabinett von Christian Wulff in Niedersachsen das Sozialressort. Aygül Özkan ist verheiratet und Mutter eines siebenjährigen Sohnes.

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